Gerechte Teilhabe

 

Befähigung aller in der Gesellschaft zu Verantwortung und Solidarität

 

 

aus Sicht der AG LEBENlassen des Projekts ZusammenLEBEN der Evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Marzahn/Nord

 

motiviert durch die ähnlich lautenden Denkschrift des Rates der EKD zur Armut in Deutschland vom Juni 2006

 

verfasst und übergeben anlässlich des Evangelischen Kirchentages in Köln im Juni 2007

 

Armut in einem reichen Land als Herausforderung

 

"Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht." H. Heine

 

hier auch als pdf-Datei

1. Persönlich Betroffene erzählen S. 2

 

 

2. Krank macht das Gefühl, überflüssig zu sein S. 5

 

 

3. Leere Kassen als Folge der Hinzugekommenen? S. 5

 

 

4. Vorbild: Dänemark und die skandinavischen Länder S. 5

 

 

5. Welchen Wert hat ein Mensch? S. 7

 

 

6. Geld kann aufbauen, aber auch zerstören S. 7

 

 

7. Geld bietet keine Sicherheit im Alter S. 8

 

 

8. Geld jetzt sinnvoll einsetzen S. 9

 

 

9. Extreme Armut S. 9

 

 

10. Einkommensverteilung und Entstehung von Armut -

 

       die Prozentrechnung S. 10

 

 

11. Transferleistungen? S. 11

 

 

12. Kirchen und Diakonie voll im Trend S. 12

 

 

 

 

 

1. Persönlich Betroffene erzählen:

 

 

 

Arm bin ich in Deutschland , wenn ich mir keine

 

- Ausbildung,

 

- Kultur,

 

- Mobilität,

 

- soziale Kontakte,

 

- Gesundheit,

 

- kein Internet leisten kann.

 

Jeder ist arm, der an den Errungenschaften der Gesellschaft nicht teilnehmen kann.

 

 

 

Von Hartz IV kann man leben, unter folgenden Voraussetzungen:

 

- man ist gesund

 

- man kann gut mit Geld wirtschaften

 

- man weiß über seine Rechte Bescheid

 

- man hat die Nerven, regelmäßig zum Jobcenter zu gehen

 

- man hat keine Unfälle

 

 

Frau Michaela H.:

 

 

"Für mich trifft dies zu. Ich teile als Single mein Geld, die 345 € (zusätzlich die Miete von 240 € für eine1 Zimmer-Wohnung warm), so ein, dass es für das Nötigste reicht.

 

Die ärztliche Grund-Vorsorge ist kostenlos. Zu bezahlen wäre neben der Praxis-Gebühr von 10 €

 

Mammographie und Ultraschall beim Frauenarzt, Glaukom-Untersuchung und die Krebsvorsorge bis 50 Jahre.

 

Auf meinem Konto ist ein Stand für Notzeiten von ca 500 €, die aus zusätzlichen Einnahmen durch MAE -Tätigkeit stammen. Urlaub konnte ich mir nur aufgrund dieses Zuverdienstes für 1 Woche leisten. Aber das ist jetzt vorbei, denn ich bin dem Jobcenter zu jung für weitere Beschäftigungsmaßnahmen.

 

Zum Friseur gehe ich einmal im Jahr für 40 €.

 

Ich trage eine Brille, die ich jetzt 6 Jahre habe. Falls ich eine neue Brille brauche, würde sie mich ca. 300-400 € kosten, da ich sehr starke Gläser habe.

 

Für ein Kind würde ich zur Zeit keine Verantwortung übernehmen können. Ich weiß nicht, wie es wäre, wenn ich einen festen Partner hätte. Zur Zeit wäre es eine Belastung.

 

Ich habe das Recht auf Rückerstattung von Bewerbungskosten in Höhe von 260 € im Jahr bei Nachweis und vorheriger Beantragung beim Jobcenter (pro Bewerbung 5 €)."

 

 

Frau Elvira S.:

 

 

"Wirklich dreckig geht es den Menschen, die für Mini-Verdienste arbeiten gehen.

 

Wer z.B. bei einem der Discounter arbeiten geht, mit dem möchte ich nicht für fünf Minuten tauschen!"

 

 

Hannelore M..:

 

 

"Als Ehefrau eines Mannes, der noch Arbeit hat, bin ich nicht Hartz IV anspruchsberechtigt.

 

Ich habe einen Aushilfsjob mit einem Stundenlohn von 4,50 €.

 

Um den Arbeitgeberanteil so niedrig wie möglich zu halten, ist der Arbeitgeber bestrebt, mich nur 48 - 50 Std. monatlich einzusetzen (maximal 88 Std., was er aber nicht tut).

 

Die tägliche Arbeitszeit zweimal pro Woche beträgt 4,75 Stunden. Ich darf während der Arbeitszeit nicht auf die Toilette gehen, nichts essen und nicht trinken.

 

Ich bin alleine im Laden, für Geld und Ware verantwortlich und muss darauf achten ,dass nichts gestohlen wird. Ich bin haftpflichtversichert, habe aber keinen Arbeitsvertrag und im Krankheitsfall und bei Urlaub erhalte ich kein Geld. Falls ich Urlaub nehme oder erkrankt bin, melde ich mich nur bei meinem Arbeitgeber ab. Es kann aber dann sein, dass der Chef eine neue Kollegin einsetzt und ich so meine Arbeit verliere.

 

Trotz dieser menschenunwürdigen Bedingungen geht es mir jetzt mental besser als vorher.

 

Ich habe soziale Kontakte und die Arbeit macht mir Spaß. Ich habe jeden Abend Erfolgserlebnisse, wenn ich die Abrechnung mache. Das Leben macht wieder Spaß. Mein Verdienst ist mein Haushaltsgeld für mich und meinen Mann, der für die sonst laufenden Kosten aufkommt. Beim Einkauf achte ich auf Sonderangebote. Da ich jetzt arbeiten gehe, kaufe ich nicht mehr soviel ein, weil ich nicht mehr täglich dazu komme. Dadurch spare ich. Früher habe ich mich durch die Angebote verleiten lassen. Ich gehe nur mit einem Zettel und möglichst mit meinem Mann einkaufen.

 

Es gibt in der Familie viele Diskussionen wegen der Einkäufe. Mein Mann verlangt, dass bestimmte Artikel im Kühlschrank sind. Dass das Geld dafür nicht reicht, merkt er erst, wenn er selbst die Einkäufe für einen Monat übernimmt. Ist der Kühlschrank so voll, wie er sich das vorstellt, dann ist das Haushaltsgeld nach zwei Wochen verbraucht."

 

 

Frau Herta L.:

 

 

"Ich bin arbeitslos und habe keinen Anspruch auf Leistungen von der Arbeitsagentur, da ich Ehefrau eines arbeitslosen Mannes bin Er wurde "zum Glück" noch vor dem 31.12.2005 gekündigt und erhält nach 42 Arbeitsjahren noch 34 Monate Arbeitslosengeld.

 

Unser Sohn hat mit 24 Jahren keinen Anspruch auf Bafög, da die Berechnungsgrundlage dafür zwei Jahre rückwirkend ist, und vor zwei Jahren der Vater noch Arbeit hatte .

 

Ich habe mir keinen Rentenanspruch erarbeiten können, da ich mich als Hausfrau und Pflegekraft zu DDR-Zeiten um meine Kinder, Großmütter, Schwester und Vater kümmern musste.

 

Nebenbei habe ich als Mitarbeiterin des Außendienstes der Staatlichen Versicherung der DDR gearbeitet. Der Verdienst dabei war unerheblich, so dass ich dadurch zwar Rentenzeiten, aber keine Höhe erarbeitet konnte. Unsere Privat-Vorsorge für den Rentenfall haben wir in Lebensversicherungen angelegt. Sie ist jetzt bedroht.

 

Wir haben Angst, da es keinen nahtlosen Übergang für meinen Mann von der Arbeitslosenzeit zum Renteneintritt gibt. Wir müssen dann Hartz IV beantragen, was aber erst greift, wenn unsere Altersvorsorge aufgegessen ist.

 

Die Versicherungen zahlen schon jetzt erst sehr spät aus, da immer weniger Menschen Versicherungen abschließen und somit einzahlen.

 

So habe ich zur Zeit noch den Zwang, dort selbst weiterhin einzahlen zu müssen. Gleichzeitig besteht die Angst, nicht die vereinbarte Summe ausgezahlt zu bekommen. In dieser finanziellen Notlage wollten wir jetzt die Lebensversicherungen beitragsfrei setzen. Das aber hätte zur Folge, dass die Hälfte der bereits eingezahlten Beiträge in der neuen Versicherungssumme schon fehlen. Damit zahlen wir weiter und leisten uns deshalb weder Kultur noch Sport und noch bestimmte Dienstleistungen. Wir schränken unsere sozialen Kontakte ein, um das Fahrgeld zu sparen. Dafür haben wir seit der Arbeitslosigkeit meines Mannes wesentlich höhere Aufwendungen für die medizinische Versorgung.

 

Wenn mein Mann vorzeitig mit 63 J. in Rente geht, wird seine Rente für immer um 0,3 % für jeden Monat gekürzt, den er vorzeitig geht. Das bedeutet eine Rente, von der wir beide dann nicht mehr leben können. Dadurch werden wir automatisch Hartz IV- Aufstocker. Es wäre kostengünstiger, wenn wir ein sozialverträgliches Ableben für einen von uns im gesetzlichen Rahmen realisieren könnten. Dass könnte unseren sozialen Abstieg verhindern.

 

Unsere Jahrzehnte währende Ehe ist gefährdet, denn die Diskussionen um die Zukunft und um die gegenwärtige Haushaltsführung zermürben uns beide. Ich bin fünfmal operiert worden und habe schon viel durchgemacht, aber all dies ist ein Klacks gegen den psychischen Stress, den ich jetzt auszuhalten habe. Die Angst vor der Zukunft macht mich seelisch kaputt.

 

 

 

Unser Beispiel zeigt das Problem der späten Elternschaft; der Vater war 35 Jahre bei der Geburt unseres Sohnes. Die Eltern haben dann nicht mehr die Zahl der Arbeitsjahre, um in bezahltem Job noch mit 60 Jahre die Ausbildung des Kindes bis zu Ende zu finanzieren.

 

 

Da wir kein Hartz IV -Empfänger sind, fallen sowohl für meinen Mann als ALG I-Empfänger wie für mich folgende Vergünstigungen weg:

 

- Sozial-Ticket. -. das macht für mich 33,50 € zusätzliche Ausgabe

 

- Sozialtarif bei Eintrittspreisen in Museen usw.

 

- Telefongrundgebühr

 

- GEZ-Befreiung

 

- Medikamentenzuzahlungen

 

 

Nur Dank der guten Renten der Schwiegereltern und ihrer Fürsorge für ihre beiden Enkelkinder konnte sich unsere große Tochter mit 23 J. eine eigene Wohnung leisten. Sie trugen die Hälfte der Unkosten. Heute unterstützen sie großzügig unseren Sohn mit der Begleichung der Semestergebühren, dem Kauf von Fachliteratur und der Zahlung von Taschengeld.

 

Unserem Sohn ist es nicht möglich, sich etwas nebenher zu verdienen, da er als Legastheniker

 

seine ganze Kraft für das Studium benötigt. Trotz dieser Behinderung ist er jetzt auf dem Weg zum Master-Abschluss. Das zeigt doch, wenn die finanzielle und familiäre Unterstützung gegeben sind, ist auch ein solcher Abschluss für Lernbehinderte möglich.

 

Falls wir einmal Enkelkinder bekommen, werden wir Ihnen diese Unterstützung nicht zukommen lassen können."

 

 

Frau Elvira S.:

 

 

"Mein Mann ist durch einen Herzinfarkt mit 50 Jahren Erwerbsunfähigkeitsrentner geworden. Wir haben zwei kleine schulpflichtige Kinder (7 und 10 Jahre). Als Arbeitslose wurde ich ein Jahr lang von einer privaten Vermittlungsfirma im Auftrag des Arbeitsamtes betreut, die mich mit aller Gewalt in einen Job vermitteln wollte. Ich sollte mich überall bewerben, mußte aber verschweigen, dass ich einen pflegebedürftigen Mann (Pflegestufe 1) und zwei kleine Kinder habe. Ich habe mich beworben. Das hatte aber keinen Erfolg. Man verlangte, dass ich mich als flexibel in der Arbeitszeit bewerbe, obwohl ich aus familiären Gründen nur zu bestimmten Zeiten einsetzbar bin. Das Jahr ist ergebnislos verlaufen.

 

 

Ich bin jetzt Hartz IV-Empfänger und habe mir bei "Laib und Seele" Lebensmittel geholt, habe aber damit wieder aufgehört. Ein ganzer Tag ging damit drauf, die Nummer zum Anstellen dort zu holen und dann nachmittags noch einmal stundenlang mit Warten zu verbringen. Wenn man zum Schluss dran war, war kaum noch was da. Das war dann mein persönliches Pech, dass ich nicht dort um die Ecke wohne und früh um Sieben mich wegen einer Nummer anstellen kann, weil ich mich ja um meine Kinder und um meinen kranken Mann kümmern muss.

 

Urlaub kann ich mir nicht leisten, nur wenn ihn die Großeltern bezahlen, ebenso wie besondere Vergnügen wie zum Beispiel Weihnachtsmarkt ."

 

 

2. Krank macht das Gefühl, überflüssig zu sein

 

 

Wenn die Kinder aus dem Haus sind, worin liegt dann noch der Lebenssinn?

 

Die Gesellschaft erklärt uns über die Medien jeden Tag,

 

- dass wir zu teuer sind,

 

- dass wir Schmarotzer sind, unter denen die sozialen Sicherungssysteme zusammenbrechen,

 

- dass es an unserer mangelnden Bildung liegt,

 

- dass wir zu alt sind und werden,

 

- dass wir zu wenig für unsere Gesundheit tun,

 

- dass wir uns um das Elend in Afrika kümmern und Patenschaften für Kinder übernehmen sollen. Zum guten Schluss haben wir die Angst, nicht einmal mehr in unserem Kulturkreis unser Leben beenden zu können, sondern in ein Heim in einem Billigland abgeschoben zu werden.

 

 

 

Da wir noch zu der Generation gehören, die es gewohnt ist, eigenverantwortlich für den Lebensunterhalt zu sorgen, ist es eine nervliche Belastung, dass wir von der Gesellschaft in die soziale Hängematte geschubst werden. Hinterher wird uns noch vorgerechnet wird, dass wir zu teuer sind.

 

 

3. Leere Kassen als Folge der Hinzugekommenen?

 

 

Es wird immer der Anschein erweckt, als läge die Krise der Kassen daran, dass wir " Ossis" und nun auch noch die Aussiedler, die beider nicht eingezahlt hätten, daraus nun mit bezahlt werden. Es wird dabei vergessen, dass diese Kassen eine Umlageversicherung sind. Die jährlich eingenommenen Beiträge werden an die jeweils in dieser Zeit Rente Empfangenden/ Krank- oder pflegebedürftig Seienden ausgezahlt. Rücklagen durften nur in bestimmten Ausmaß angelegt werden, andernfalls wurden die Beiträge gesenkt.

 

Insofern ist allein für das Maß der Auszahlungen entscheidend, wie viele Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt einzahlen und wie viele in welcher Höhe empfangsberechtigt sind. Als zur Wendezeit wir " Ossis" dazukamen, bedeutete das auch eine große Zunahme von Beitragszahlern. Die Rentner unter den Aussiedlern brachten eine große Zahl von jungen Menschen im arbeitsfähigen Alter mit, die nicht nur für ihre, sondern auch für die Rente der alteingesessenen Deutschen einzahlen, sofern man ihnen nur Arbeit gibt. Zu diesem Zweck hatte man sie ja auch ins Land geholt. Allerdings zahlen sehr viele von diesen Jüngeren ihre Beiträge nicht mehr in den ostdeutschen Ländern, sondern z.B. in Baden Würtemberg und in Bayern.

 

 

4. Vorbild: Dänemark und die skandinavischen Länder

 

 

Im Gegensatz zu den skandinavischen Ländern fehlen uns die Wurzeln und dazu gehören:

 

- der menschliche Zusammenhalt,

 

- Wurzeln durch Religion, Geschichte und Kultur.

 

 

In einer Wegwerfgesellschaft ist Armut die logische Konsequenz. Zuerst werden die Sachen nicht geschätzt, nicht mehr repariert und weggeworfen, dann die Menschen. Wo das Vorhandene und das Althergebrachte nicht geachtet werden, dagegen anderes nur, weil es neu ist, schon Wert hat, ist es kein Wunder, dass ein älterer Mensch per se keinen Wert haben kann.

 

Bei unserem gesamten Wirtschaften wird an Folgekosten nicht gedacht. Sie werden dem Gesundheitswesen und der Gesellschaft überlassen:

 

- die Zerstörung der Schöpfung durch die Umweltbelastung,

 

- die sozialen Folgen,

 

- die psychischen Folgen / Krankheiten,

 

- andere gesundheitliche Folgen.

 

Gespart wird am falschen Anfang bis hin zum falschen Ende:

 

 

Zuerst sparen wir:

 

- an den Kindern, indem es aus verschiedenen Gründen immer weniger gibt (Unfruchtbarkeit, Karrieregründe...) Sie werden als zu teuer hingestellt. Wann rechnet man aus, wie teuer ein Mensch im Alter von 20, 30, 40... 90 Jahren ist? Bis zu welchem Alter können wir uns unser Leben noch leisten, ohne zur Belastung der Gesellschaft zu werden?

 

 

- Die Solidargemeinschaft ist tot. Der Begriff wird noch benutzt, aber jeder weiß, dass es sie nicht gibt. Versicherungen bieten keinen Schutz mehr. Es sind Abzock-Unternehmen, die im Ernstfall erst einmal alle Zahlungen ablehnen. Viele der Versicherten können sich einen Anwalt nicht leisten, um ihr Recht einzuklagen. Man einigt sich auf einen Vergleich, wobei die Versicherungen die Hälfte sparen. In anderen Fällen wird gar nichts gezahlt, z.B. wenn Haftpflichtversicherungen für Kinder zahlen sollen.

 

 

- Dann spart die Gesellschaft an der Bildung der Kinder und Jugendlichen, vor allem an der sozialen und Allgemeinbildung z.B. durch Klassenfahrten, Theaterbesuche, Ferienlager...

 

 

- Erwachsene werden mit viel Geld vom Arbeitsamt umgeschult und qualifiziert, damit ihnen hinterher gesagt wird, dass sie überqualifiziert sind. Bildung gilt als teuer. Davon leben jede Menge von Qualifizierungsgesellschaften, denen es nur um die eigene Existenz geht, aber nicht darum, dass die zu Qualifizierenden etwas lernen. Sie sind froh, wenn diese nicht zum Unterricht kommen. Prüfungen werden in der Regel nicht verlangt. Mit Zertifikaten wird nur bescheinigt, welche Unterrichtsfächer angeboten wurden.

 

 

- Zum Schluss sparen wir an den Toten. Maximal für ein Urnengrab auf der grünen Wiese reicht noch das Geld. Nicht mehr sechs, sondern nur noch vier Träger tragen den Sarg, der immer schwerer werdenden Toten, falls doch noch eine Erdbestattung vom Sozialamt genehmigt wird. Selbstzahler verbrennen und beerdigen am besten im Ausland, da ist es billiger.

 

 

Ob jung oder alt,: das Arbeitsamt bezahlt jedem viel Geld für Fremdsprachenkurse, damit die Arbeitsuchenden so schnell wie möglich im Ausland Arbeit finden, verschwinden und Deutschland nicht mehr auf der Tasche liegen. Damit exportieren wir aber auch die Bildung und schenken anderen Ländern das Geld, das diese bisher unserem Steuerzahler gekostet hat.

 

 

Es ist schlimmer als in der Sklaverei: Es wird Geld dafür gezahlt, dass man Menschen mit und ohne Arbeitskraft los wird. Damit wird ihnen gezeigt, dass sie weniger als nichts wert sind, dass sie nur Kostenfaktoren sind.

 

Wenn man in Deutschland eine Arbeit tatsächlich in Aussicht hat, dann oft nur zu der Bedingung, dass man noch Geld mitbringt:

 

 

  • die Krankenschwester ihr privates Auto, um in einer Sozialstation arbeitend, täglich im gesamten Stadtgebiet durchschnittlich 18 Patienten zu betreuen,

  • den Computer und andere Arbeitsmittel,

  • Förderung des Arbeitgebers durch das Arbeitsamt, z.B. Lohnkostenzuschüsse,

  • Sachkosten bei einer MAE-Tätigkeit,

  • Kautionen, die einbehalten werden, falls man vor dem ersten Arbeitsjahr gekündigt wird,

  • Aufträge für Firmen,

  • durch Einkauf in die Geschäftsführung als Gesellschafter in einer Firma mit Eigenkapital

 

 

5. Welchen Wert hat ein Mensch?

 

 

Die Entwicklung der Computer hat es ermöglicht und dazu verleitet, immer diffiziler Kosten und Gewinnvorteile berechnen zu können. Das Entscheidende daran aber sind nicht die mathematischen Ergebnisse, sondern die Definition und Zuteilung der Kosten. Diese sind öffentlich zu machen und kritisch zu befragen. Welche Kosten werden wem zugeordnet? Welche Mittel und Werte stehen unserer Gesellschaft zur Verfügung? Welche Mittel müssen wir einsetzen, um diese Werte zu erhalten?

 

 

Wenn darüber Einigkeit herrschen würde, dass Menschen an sich einen Wert darstellen, haben auch sie wie z.B. jedes Bauwerk ein Recht, Kosten zu ihrer Werterhaltung zu verursachen. Es geht nicht an, dass nur alte Menschen oder Kinder als Kostenfaktoren gesehen werden. Auch ist es nicht möglich, den Menschen in Altersstufen zu zerlegen, in solche, in denen er Gewinne bringen könnte und in solche, in denen er nur noch Kosten verursacht. Der Mensch hat in der Ganzheit seines Lebens gesehen zu werden und dazu gehören die Kindheit und das Alter. Er benötigt, um gesund zu bleiben, neben einer gesunden Ernährung und Umwelt Gemeinschaft mit anderen Menschen auch außerhalb seiner Familie. Das heißt, er benötigt öffentliche Räume, in denen er sich mit Anderen treffen unabhängig von seiner Arbeit kann. Gemeinschaftshäuser hat es schon in den Urgesellschaften gegeben. Heute meint man, selbst in den Kirchen sie missen zu können. Gemeindehäuser, die im 19. und 20. Jahrhundert gebaut wurden, um diesen entstehenden Mangel an Gemeinschaft aufzufangen, werden heute mehr und mehr zum Verkauf angeboten.

 

 

Die Denkmal geschützten Kirchen, die als Symbole der mehr als tausendjährigen Geschichte des Christentums in Deutschland für die Gemeinden übrig bleiben, ermöglichen dieses Grundbedürfnis von Menschen nach Gemeinschaft oft nur sehr unzureichend zu erfüllen.

 

Die enormen Kosten, die man zum Erhalt und zur Nutzung dieser alten Bauwerke bereit ist zu erbringen, zeigt die Wertskala in unserer Gesellschaft. Geschichtliche Zeugnisse sind viel Wert, um so älter, um so mehr. Sie könnten Touristen anlocken und vermarktet werden. Das Bedürfnis der gegenwärtigen Menschen am gleichen Ort nach Gemeinschaft dagegen darf möglichst keine Kosten verursachen. Wo keine Gemeinschaft möglich ist, stirbt die Gesellschaft und ist zum Tod verurteilt.

 

 

6. Geld kann aufbauen, aber auch zerstören

 

 

Wie die Kostenfrage kritisch zu hinterfragen ist, so auch das, wozu Geld überhaupt in der Lage ist. Allgemein wird davon ausgegangen, dass man mit Geld etwas aufbauen könne und jeglicher Mangel nur an fehlendem Geld liege. Es ist nicht im Blick, dass Geld aber genauso zerstören wie aufbauen kann. Man muss damit nicht erst Waffen bauen und in Kriegen Werte vernichten. Es geht auch mittels Fördergelder, mit denen man meint, nur Gutes zum Wohl der Menschen zu vollbringen.

 

 

Das selbständige ehrenamtliche Engagement von Menschen in gesellschaftlichen und sozialen Fragen kann zum Beispiel dadurch beendet werden, weil plötzlich Fördergeld zur Verfügung steht, um für diese Arbeit jemanden einzustellen. In diesem Moment bleiben die Ehrenamtlichen weg und der Hauptamtliche hat kein Arbeitsfeld mehr.

 

 

Eher ist es möglich, jemandeni n ein Problemgebiet zuschicken, der für diese soziale Arbeit bezahlt wird und dort Ehrenamtliche finden soll, die diese Arbeit unbezahlt machen. Da der Wunsch, sinnvolle Arbeit zu tun, bei unseren Arbeitslosen so groß ist, sind sie bereit, unentgeltlich zu tun. Auf die Dauer aber durchschauen sie die Strukturen und erwarten für ihre Arbeit eine gerechte Entlohnung. Durch die ehrenamtliche Arbeit erfahrt schließlich jeder, dass er etwas kann und somit etwas wert ist. Er sieht den großen sozialen Unterschied zwischen sich und den Festangestellten mit ihren Rechten z.B. auch auf bezahlten Urlaub und bezahlte Krankheitstage. Er selbst erhält im besten Fall eine Rückerstattung für seine Aufwendungen wie Fahrgeld, Telefon usw., die ihm durch die ehrenamtliche Arbeit entstanden sind. Das sind höchstens 153 € monatlich, aber nicht für jede Tätigkeit gesetzlich zahlbar.

 

 

So kann durch plötzlich zur Verfügung gestellte Fördermittel gerade die Arbeit, die schon existiert, durch so provozierte soziale Konflikte vernichtet werden. Eine große Gefahr besteht auch darin, dass schon existierende soziale Arbeit von den Förderern gar nicht gesehen wird. Gelder werden Trägern bewilligt, die das gesamte Arbeitsfeld erst aufbauen müssen, vom Macher, über den Inhalt bis hin zum Klienten.

 

 

Bekannt ist, dass auch feste Arbeitsplätze durch Fördermittel z.B. für Beschäftigungsmaßnahmen wie ABM und MAE zerstört wurden und werden.

 

 

7. Geld bietet keine Sicherheit im Alter

 

 

Das für das Alter gesparte Geld im Ernstfall nichts, wenn nicht Menschen da sind, die einen alten Menschen lieben und bereit sind, selbstlos und aufopferungsvoll für ihn zu sorgen, nützt. Das Gegenteil ist der Fall. Diese Menschen sind sogar gefährdeter als andere, weil unredliche Menschen sich ihre Freundschaft erschleichen. Die Angst davor, dies könnte der Fall sein, lässt alte Menschen ihre noch vorhandenen Beziehungen kritischer sehen, als es angebracht ist. Damit zerstören sie diese Kontakte. Andere Wohlmeinende in der Familie und Freundschaft dagegen ziehen sich von sich aus zurück, weil sie nicht in den Verdacht geraten wollen, es gehe ihnen nur um das Geld des anderen.

 

Wenn man im Alter aber auf die Betreuung durch fremde Menschen angewiesen ist, die einen selbst und die eigene Geschichte nicht kennen, ist es selbst beim besten Willen der Pflegenden nicht möglich, den Klienten seinen persönlichen Bedürfnissen entsprechend zu behandeln. Wird gar ein amtlicher Betreuer bestellt, ist er in der Regel verloren. Will der Betreuer von dieser Arbeit leben, benötigt er ca. 80 Klienten. Die Zeit reicht nur, um die wichtigsten Formalitäten für die Klienten zu erledigen, nicht aber für persönliche Besuche und das Eingehen auf entsprechende Wünsche. Das viele Geld auf dem Konto nützt dem alten Menschen gar nichts, wenn er nicht mehr in der Lage ist, es selbst auszugeben. Noch weniger hilft es im Falle einer Demenz-Erkrankung, mit der heute jeder Mensch angesichts von 1,2 Millionen Erkrankter in Deutschland rechnen muss.

 

 

8. Geld nicht sparen, sondern jetzt sinnvoll einsetzen

 

Kapitalgedeckte Renten?

 

 

Modellrechnung:

 

Zur Zeit erhält man für 45.000 € Sparvermögen jährlich 1500,- € Zinsen.

 

Für eine monatliche Rente in Höhe von 1.500,- € benötigt eine Person also ein Vermögen von

 

12 Monaten x 1.500 € x 30 Jahre = 540.000 €. Dieses Kapital müsste also in einem Arbeitsleben von, wenn es gut geht, 30 Jahren gespart werden. Das wären jährlich 18.000 € . Man müsste 30 Jahre lang beständig monatlich 3.000 € verdienen, von denen 1.500,- € verbrauchen werden und 1.500,- € für die Rente gespart werden. Die Inflationsrate und Zinsen aller Art innerhalb der 30 Arbeitsjahre sind dabei natürlich noch nicht berücksichtigt. Es dürften während der 30 Arbeitsjahre und der folgenden 30 Rentenjahre keine Kriege, keine Katastrophen, keine Wirtschaftskrisen, keine Betriebspleiten oder ähnliches passieren.

 

Das Ergebnis dieser fiktiven Rechnung:

 

Es erübrigt sich ein Nachdenken über eine Kapital gedeckte Rente. Wer kann sich heute anmaßen in unserer schnelllebigen Zeit über Bedingungen in 30 bis 60 Jahren zu entscheiden?

Die Renten und Pensionen künftig durch die Zinsen von Kapital zu finanzieren setzt voraus, dass gegenwärtig sehr viel Geld unserem Wirtschaftskreislauf entzogen werden müßte. Es wird dabei nur scheinbar gespart und für künftige Zeiten in Sicherheit gebracht, in Wirklichkeit aber auf den internationalen Kapitalmärkten dorthin gebracht, wo es die meiste Rendite verspricht. Die Realität birgt leider auch den Börsencrash und Wertverfall in sich.

 

 

Was aber könnte man tun, wenn man diese 3.000 € monatlich hätte und in das Leben jetzt und hier investieren würde? Man könnte die Verantwortung übernehmen, Kinder groß zu ziehen. Man könnte sich eine Haushaltshilfe leisten und so jemand anderem von dem Geld abgeben. Man könnte karitative Projekte finanziell unterstützen und sich auch sonst etliches leisten, was die Wirtschaft und Kultur wiederum fördert. Außerdem hätte man Geld, um den jetzigen Rentnern ihre Rente zu zahlen, sprich Beiträge zur Rentenversicherung zu leisten, womit die Solidargemeinschaft abgesichert wäre.

 

 

9. Extreme Armut

 

 

Es gibt in Deutschland Hilfsangebote für fast alle Probleme, die ein Mensch haben kann. Wenn jemand jedoch psychisch oder geistig nicht in der Lage ist, sich nach ihnen zu erkundigen, ihren Ort zu erreichen und diese ihm zustehende Unterstützung gegen Widerstände und Hemmnisse von außen durchzusetzen, lebt er schnell in extremer Armut:

 

- obdachlos in der freien Natur,

 

- ohne ärztliche Versorgung mit Ausnahme der Grundversorgung in lebensbedrohlichen

 

Situationen,

 

- ohne die ihm zustehende Sozialhilfe,

 

- ohne medizinische Hilfsmittel, die eine Zuzahlung erfordern (Brillen, Hörgeräte, Zahnprothesen).

 

 

Solche Menschen werden in die Straffälligkeit durch die Verhängung von Ordnungsstrafen gedrängt, die sie nicht bezahlen können. Gefängnisaufenthalte sind die Folge. Diese extreme Armut betrifft vor allem psychisch Kranke, Suchtkranke und auch die mit geringerer Intelligenz..

 

Im Unterschied zu diesen vor allem in den Innenstädten anzutreffenden Menschen erweckt die extreme Armut in anderen Teilen der Welt hier Mitleid bei den Menschen. Man ist gern geneigt angesichts von Katastrophen und hungernden Kindern zu spenden. Hilfsorganisationen wetteifern miteinander darum, in möglichst vielen Ländern ihre Projekte zu haben. Je extremer die Probleme und Fotos darüber sind, umso eher öffnen sich die hiesigen Geldbörsen. Nicht beachtet wird, was Kontakte in die westliche Welt in der dortige Gesellschaft für Auswirkungen haben. Auch da kann das Geld und die materielle Hilfe sehr viel an menschlicher Gemeinschaft, Solidarität und eigenem Engagement zerstören. Korruption und Unterschlagung werden gefördert und der Wunsch geweckt, selbst in diese "reichen Länder" zu gelangen.

 

 

Zudem fördert die Art der Spendenwerbung für Projekte in der dritten Welt bei den hiesigen Armen das Gefühl, nichts wert zu sein. Um einer Hilfe wert geachtet zu sein, ist man hier nicht arm genug. Man ist kein Ausländer, kein Flüchtling, kein Kind. Man ist sogar ein Mann und zudem ein Deutscher, der sich eigentlich selber helfen können müsste. Also ist man ein totaler Versager. Dieses Gefühl löst wiederum Aggressionen gegen jene aus, die die "besseren" Armen sind, weil sie schwarz oder fremd sind und deshalb Hilfe bekommen.

 

 

In einem reichen Land wie Deutschland, wo man jeden Tag diesen Reichtum vor Augen hat, ist Armut emotional schwerer zu ertragen als in einem Land, wo es den meisten so geht und der Reichtum sich hinter dicken Mauern verstecken muss. Da die meisten der heute Armen insbesondere im Osten Deutschlands nicht in armen Verhältnissen aufgewachsen sind, haben sie auch keine Überlebensstrategien von klein auf erlernt, die es ermöglichen in Würde mit wenig Geld zu leben. Familiäre Solidarität wurde nicht eingeübt, da fast jeder vom Staat versorgt wurde, und die Familie mehr für die gemeinsamen Feste zuständig war.

 

 

10. Einkommensverteilung und die Entstehung von Armut

 

- die Prozentrechnung

 

 

Durch den Rhythmus von Tag und Nacht und unser menschliches Ruhebedürfnis sind wir Menschen einander ziemlich gleichgestellt, weil wir annähernd das selbe Maß an Zeit zur Verfügung haben. Egal ob reich oder arm, für jeden von uns hat der Tag 24 Stunden und das Leben maximal 40-50 Jahre, in denen wir unseren materiellen Unterhalt selbst erarbeiten und andere Menschen damit unterstützen können. Jeder Mensch braucht neben einer gesunden Ernährung, eine Wohnung, die Möglichkeit zu Gemeinschaft, zu Mobilität, ....und kann auch nur ein bestimmtes Maß von dem allen verkraften, ohne dass es in das Gegenteil umschlägt und zu einer krankmachenden Belastung wird. Er kann also nur ein bestimmtes Maß der Güter dieser Erde verbrauchen. Was er darüber hinaus hat, sind "Schätze, die er sammelt" aus Freude am Sammeln, aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus für schlechte Zeiten, aus Prestigebedürfnis gegenüber Seinesgleichen.... oder, weil er sie einfach so geerbt hat und sich verantwortlich fühlt für dieses Familienbesitzes. Verbrauchen aber kann ein Mensch dies nicht, höchstens verschleudern oder durch Misswirtschaft zugrunde richten und Anderen übereignen.

 

 

Die Berechnung der Armutsquote und des Armutsrisikos anhand des Durchschnittseinkommens eines Landes verschleiert die Probleme. In Ländern wie Deutschland, in denen es sehr viele Milliardäre und eine große Anzahl Wohlhabender gibt, sind die Rechenergebnisse unrealistisch Menschen werden als arm bezeichnet, die sich alles Lebensnotwendige leisten können und auch darüber hinaus noch genug haben.

 

 

Armut ist dort zu beklagen, wo Menschen nicht mehr das haben, was ein menschenwürdiges Leben ausmacht. Dazu gehört eben nicht nur die Ernährung, sondern auch die Mobilität. Durch die ständige Erhöhung der Preise für öffentliche Verkehrsmittel wird diese vielen Menschen genommen, die nur über geringe Einkommen verfügen. Mobilität aber ist kein Luxus, sondern gehört zu den Menschenrechten und ist Grundbedingung für das Nutzen weiterer Rechte und Pflichten, wie sich selbst um Arbeit, Hilfe und Unterstützung kümmern, soziale Netzte aufbauen und pflegen, Informationen erhalten und z.B. preiswert einkaufen zu können. Mobilität ist also nicht nur eine Frage der Möglichkeit von Erholung, der Teilnahme an der Spaßgesellschaft und von Urlaubsfahrten.

 

 

Das immer weitere Auseinanderklaffen der Gesellschaft in Arme und Reiche ist zu nicht geringem Teil durch die Anwendung der Prozentrechnung in so vielen Bereichen entstanden.

 

 

Wenn über längere Zeit die Gehälter oder auch Renten prozentmässig angehoben werden, reichen die unteren Gehälter kaum noch für das Nötigste, die oberen Gehaltsempfänger aber erhalten bei jeder Erhöhung immer größere Anteile von dem zu verteilenden Geld.

 

 

Bei einer Summe von 100.000 € , die es als Mehreinnahmen zu verteilen gilt, und einer dreiprozentigen Gehaltserhöhung erhält davon jemand, der bisher 1.000 € verdient hat, 90 € mehr. Diese braucht er dringend, weil auch die Lebenshaltungskosten um 3 % gestiegen sind, so dass er am Ende nicht mehr verbrauchen kann, sondern auf seinem Lebensstandard stehen bleibt.

 

 

Dagegen bekommt jemand der 3.000 € verdient, von diesen 100.000 € 270 €, von denen er aber auch nur 90 € verbrauchen muss, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten auszugleichen. 180 € behält er also übrig, mit denen er seinen Lebenstandard steigern oder die er sparen kann.

Tatsächlich sind aber die Lebenshaltungskosten seit der Euro-Umstellung um das doppelte gestiegen. Nur bei einigen technischen Gütern wie bei Computern sind die Kosten halbiert. Ansonsten entsprechen die DM-Preise schon lange den Euro-Preisen Das merkt man bei jedem Einkauf. Bei den Fahrkosten für öffentliche Verkehrsmittel liegen sie inzwischen weit darüber.

 

 

11. Transfer-Leistungen?

 

 

Der heute häufig benutzte Begriff "Transfer-Leistungen" unterstellt, dass die einen nur die Gebenden sind (der Staat, die Wohlhabenden, die Arbeitenden), die anderen nur die Empfangenden (die Sozialhilfe-, Arbeitslosengeld I, Rentner und Pensionäre, Kinder und Studenten - und Hartz IV-Empfänger). Dabei wird vergessen, dass der Sinn des Geldes darin besteht ständig transferiert zu werden. Derjenige, der es gibt, hat es vorher von irgend jemand anderem bekommen und der, der es bekommt, gibt es wieder weiter. Der Arbeitslose transferiert es umgehend an die Aldi-Brüder, an die Wohnungsbauunternehmen, die Energiekonzerne, usw. . Von dem, was er erhält, behält er nichts zurück. Damit er ein Recht auf Arbeitslosengeld erhält, musste er vorher mindestens ein Jahr, oft aber 20-30 Jahre dafür einzahlen. Heute bekommt er dafür ein Jahr lang davon etwas zurück, d.h. nicht von seinem eingezahlten Geld. Denn das ist den damaligen Arbeitslosen ausgezahlt worden. Er erhält es von dem, was heute Arbeitende dort einzahlen.

 

Wenn man die derzeitigen Geldströme betrachtet, kann man also die solidarischen Transfer-Leistungen der Vergangenheit nicht außer acht lassen. Wenn ich in der Vergangenheit jemand anderem geholfen habe, habe ich einen moralischen Anspruch darauf, dass mich dieser auch unterstützt, wenn ich seine Hilfe benötige. Das ist nicht nur eine Frage des Anstands, sondern erhält auch den gesellschaftlichen Frieden.

 

Ein Ungleichgewicht im Geben und Nehmen fördert dagegen unbewusst das Entstehen von Aggressionen und zwar auf Seiten des Empfangenden noch mehr als auf Seiten des Gebenden. Die Gebenden erwarten Dankbarkeit und fühlen sich moralisch aufgewertet, die Empfangenden aber abgewertet. Darum versuchen die letzteren sich diesem Verhältnis zu entziehen. Entweder verweigern sie sich diesem Kreislauf und steigen daraus aus oder sie unterlaufen ihn von innen her und fühlen sich als im Grunde über den Gebenden erhaben, werten diesen ab, treten ihm gegenüber fordernd auf, sind unkooperativ usw.. Sie drehen also den Spieß um. So gerät der Helfer in die Position des Hilflosen, weil er jemandem helfen wollte, dem nicht zu helfen ist.

 

 

Jedes Kind, kaum das es auf der Welt ist, kann anderen schon etwas geben: ein erstes Lächeln, Staunen, Glück, das Gefühl gebraucht zu werden, jemanden umsorgen und beschützen zu dürfen. Wenn es jemanden hat, der dies zu schätzen weiß, wird es 50-60 Jahre später in der Lage sein, dies seinen Eltern in Dankbarkeit in deren eigener Hilflosigkeit zurückzugeben.

 

 

So darf ich weder die Transfer-Leistungen der Vergangenheit, noch die der Zukunft außer acht lassen.

 

Es sieht so aus, dass ein Kind, das heute in Armut geboren wurde, sein ganzes Leben keine Chance habe, aus der Position des Empfangenden heraus zu kommen. Schaut man sich bestimmt Familien an oder Armutsgebiete und wer darin wohnt, scheint sich dies zu bestätigen.

 

 

Sieht man sich aber die Wohlhabenden an und hört deren Lebensschicksale am Ende ihres Lebens, findet man sehr viele Menschen, die diese schweren Startbedingungen ihres Lebens weit hinter sich gelassen haben. Gerade sie sind bereit, das Empfangende wieder weiterzugeben. Das zeigt sich auch an der großen Spendenbereitschaft in Deutschland, besitzt doch heute gerade jene Generation die meisten finanziellen Mittel, die Not und Entbehrung in der Nachkriegszeit noch kennengelernt hat. Sie hat aber auch Unterstützung vor allem im Familienverband erfahren.

 

 

Es ist eine völlige Unterschätzung der Lebenskraft, die im Menschen steckt, wenn ich Geldleistung Empfangende, abschreibe als solche, die nie mehr ohne fremde Hilfe lebensfähig sein würden.

 

 

Es ist andererseits eine völlige Überschätzung der Möglichkeiten des Gebenden, wenn er meint, dauerhaft der sicheren Seite des Lebens zu stehen, auf der so eine prekäre Lage niemals eintreten könne, da er doch leistungsstark sei. Psychisch krank kann jeder Mensch werden, gerade auch hoch intelligente und leistungswillige Menschen. Wenn es den Gebenden selbst nicht so geht, dann gibt es oft Probleme mit den eigenen Kindern. Unter den heute in Deutschland unter extremer Armut obdachlos Lebenden sind nicht wenige solcher "Kinder".

 

 

Den Staat aber interessieren nur die finanziellen Transfer-Leistungen. Dann aber sind alle Geldströme zum Staat hin und vom Staat weg und das, was seine Angestellten selbst verbrauchen, zu begutachten.

 

 

12. Kirchen und Diakonie voll im Trend

 

 

Kirchen und Diakonie sind voll im gesellschaftlichen Trend:

 

- Abbau der Arbeitsplätze,

 

- Ausbeuten der freiwillig Engagierten,

 

- kein solidarisches Teilen der Generationen,

 

- kurzzeitig Angelernte übernehmen die Arbeit von bisher hoch qualifizierten Festangestellten.

 

 

Immer noch gilt das Prinzip der Besitzstandswahrung, auch wenn es nicht mehr so oft ausgesprochen wird. Der Besitzstand der Alten wird gewahrt, die Jungen fangen unter viel schlechteren Bedingungen an, die sich weiter verschlechtern, schon dadurch, dass die Lebenskosten steigen und die Gehälter nicht entsprechend mithalten. Die schon immer schlechter bezahlten und gestellten kirchlichen Berufsgruppen werden als erste eingespart (Katechetinnen, Küsterinnen, Hausmeister). Es trifft in der Regel die Frauen zuerst, während sie als Ehrenamtliche als erste angesprochen werden.

 

 

Kirche ist eine sterbende Institution, deren Sterben durch die "Rettungsaktion" mittels Fusionen noch beschleunigt wird. Kirchenbüros sind geschlossen und damit die Gemeindehäuser als Orte der Begegnung. Statt die inzwischen toten Gemeinden würdevoll zu beerdigen, werden die Sterbenden wie auch sonst in unserer Gesellschaft mühevoll und kostenintensiv am Leben erhalten.

 

 

Nicht nur Gemeinden sterben, wenn zu wenig Menschen kommen. Gebäude sterben dann auch, weil sie nun nicht mehr genutzt und z.B: nicht regelmäßig gelüftet werden. Dadurch steigen wiederum die Kosten für die Bauunterhaltung. Durch ehrenamtliche Arbeit am falschen Fleck, wenn teure, aber notwendige Spezialisten eingespart werden, entstehen wiederum Folgekosten.. Diese Gebäude aber werden gebraucht als Identifikationspunkte unserer Kultur. Und dies geschieht in einer gesellschaftlichen Situation, in der die Seelsorge an Menschen und die Verkündigung der frohen Botschaft das Notwendigste sind, was die Menschen heute und hier brauchen. Fusionen aber sind in der Regel keine frohe Botschaft, sondern der Vorbote von künftig geschlossenen Türen.

 

 

"Diakonie" steht oft nur noch draußen dran, aber die christliche Motivation ist weitestgehend verschwunden. Die fachliche Qualifizierung eines Mitarbeiters ist wichtiger als seine Konfession. Wenn Mitarbeiter einzustellen sind, wird deshalb nicht in den Kirchengemeinden danach gesucht, sondern auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die diakonischen Unternehmen leben von den Kassen und staatlichen Zuschüssen und müssen "sich rechnen".

 

 

Bei christlicher Nächstenliebe aber dürfen Aufwand und Nutzen kein Thema sein, sonst haben wir Christus nicht verstanden.

 

 

Der Selbsterhalt der Einrichtungen der Diakonie aber steht heute über der Frage der religiösen Erkennbarkeit. Wenn es nicht mehr genug Klienten gibt, die evangelisch sind bzw. evangelisch betreut werden möchten, meint sich die Diakonie mit entsprechenden Angeboten der religiösen Betreuung z.B. für Muslime öffnen zu müssen.

 

 

Wir aber wünschen uns eine Kirche und eine Diakonie, in der

 

 

Jesus Christus aus Nazareth

 

 

im Mittelpunkt steht.